|
|
Rettet
den Staat
Hans
Eichel war nicht mehr er selbst. Mit demütig gesenktem Haupt und
in Tränen trat er vor die Kameras: Ja, er bitte die Bürger um
Verzeihung, dass er ihnen zu wenig Steuern abverlangt habe, und deshalb
gehe es dem Staat nun schlecht. Gelte doch für den Staatshaushalt
wie für jeden kleinen Haushalt, dass Sparen heiße, mehr auszugeben
und noch mehr einzunehmen. Jetzt bleibe bloß ein Ausweg: "Frag
nicht, was der Staat für Dich, sondern was Du für den Staat
tun kannst."
Dieser Hilferuf blieb nicht ungehört. Und so hat sich nun eine Schar
aufrechter Kämpfer zusammengefunden: die "Staatsschützer".
Diese wollen die ahnungslose Öffentlichkeit notfalls auch mit unkonventionellen
Mitteln aufrütteln. So ketteten sich Mitglieder von "Friends
of the State" und "Robin Loot" vor Finanzämtern an,
um Stimmung für höhere Steuern zu machen. Die ursprünglich
französische, aber nun weltweite Organisation ETATIC (Etatistes pour
plus des taxes, impôts et cetera) fordert eine Abgabe auf alles,
mit der alles finanziert werden soll. Und in England sorgte "Queenpeace"
mit einem Transparent "God save the State" für Aufsehen,
das vom Londoner Tower entrollt wurde.
Aber auch von der kulturellen Front erhält der Staat nun endlich
Rückenwind. ARD und ZDF veranstalteten eine große Spendengala
unter dem Motto "Helft Eichel". Moderiert von Boris Becker und
Steffi Graf konnten hier Zuschauer hinterzogene Steuern melden. Ihr Name
und effektiver Steuersatz erschienen dann im Laufband. Und auch die AStAs
hatten eine Idee: aus Solidarität mit der hohen schwedischen Staatsquote
verkaufen sie nun Flickenteppiche und Knäckebrot.
Leider haben die Bürger den Ernst der Lage noch nicht genügend
verstanden, so dass nur unzureichende Beträge zusammenkommen. Deshalb
fordern die Staatsschützer neuerdings staatliche Subventionen. Das
ist nur logisch, denn wie einer ihrer Sprecher treffend ausführte:
"Wenn etwas gemeinnützig ist, dann wohl unser Anliegen. Jeder
muss einen Beitrag leisten, ohne etwas dafür zu bekommen. Genau das
meinen doch alle mit der Forderung "Gemeinnutz geht vor Eigennutz""
-- "Voller Staat voraus", kann man da nur wünschen.
HENNING HELMHUSEN
|